Wie in vielen anderen Wirtschaftszweigen spiegelt sich auch in der Eventbranche die Realität der modernen Arbeitswelt nicht mehr ausreichend im aktuellen Arbeitszeitgesetz wider. Vertreter:innen des Forum Veranstaltungswirtschaft haben deshalb bei ihrem 2. Parlamentarischen Frühstück in Berlin gefordert, das Arbeitszeitgesetz entsprechend anzupassen.
Der Einladung am 21. Mai 2025 ins Bedienrestaurant des Deutschen Bundestages waren Parlamentarier:innen aller demokratischen Parteien gefolgt. In der Debatte wies das Forum Veranstaltungswirtschaft auf die aktuelle Situation und seine Probleme hin und betonte die Notwendigkeit, das Gesetz zu novellieren. Zur Einstimmung auf die gemeinsame Diskussion hielt Christian Willert, Fachanwalt für Arbeitsrecht von der Kanzlei Härting, einen Impulsvortrag.
Novellierung für Bedarfe der Dienstleistungsbranche
Während das Arbeitszeitgesetz vorrangig auf die Bedarfe des produzierenden Gewerbes zugeschnitten ist – mit klaren Produktionszyklen und planbaren Abläufen – stehen viele Dienstleistungsbranchen, insbesondere die Kultur- und Veranstaltungswirtschaft, vor ganz anderen Herausforderungen: hohe Auftragsfluktuation, kurzfristige Projektspitzen und ein hoher Gleichzeitigkeitsfaktor.
„Die Kultur- und Veranstaltungswirtschaft arbeitet naturgemäß unter besonderen Bedingungen, um Veranstaltungen an Abenden, Wochenenden oder in Form von Großveranstaltungen zu ermöglichen”, sagt Johannes Everke, Geschäftsführer BDKV Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft. „Kleine Teams wachsen im Veranstaltungszeitraum temporär genauso stark an wie die Arbeitszeit – und danach stehen wieder Ruhezeiten. Um dem gerade in Zeiten von Fachkräftemangel entsprechen zu können, braucht die Veranstaltungswirtschaft eine gezielte Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes. Für rechtssichere, faire und der Branche angemessene Beschäftigungszeiten.“
Praxisnahe und sozialverträgliche Änderungen
„Die aktuelle gesetzliche Begrenzung auf 8 beziehungsweise maximal 10 Arbeitsstunden pro Tag und 40 bis 48 Stunden pro Woche wird der Realität in der Veranstaltungswirtschaft nicht gerecht”, sagt René Tumler, Geschäftsführer EVVC. „Deshalb schlagen wir eine gezielte, aber auch sozialverträgliche Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes für die Eventbranche vor. Entscheidend ist eine praxisnahe und gleichzeitig sozial verträgliche Ausgestaltung. Eine Änderung im bestehenden Arbeitszeitgesetz ist unausweichlich.”
„Zentral bleibt dabei die Sozialverträglichkeit aller Regelungen – im Sinne der Gesundheit und Selbstbestimmung der Beschäftigten sowie im Interesse der Rechtssicherheit und Planungssicherheit für Unternehmen”, sagt Christian Ordon, Geschäftsführer Live Musik Kommission. „Bewährt sind solche EU-Rechts-konformen Modelle bereits in Österreich oder in einem der Tarifverträge der Filmwirtschaft.”
Flexible Arbeitszeitmodelle im Sinne der Beschäftigten
„Zudem entspricht eine solche Flexibilisierung immer mehr der gelebten Realität und den Erwartungen der Mitarbeiter”, so Johannes Everke. „Viele Beschäftigte wünschen sich nicht das klassische Modell mit täglich acht Stunden Arbeit, sondern flexiblere Arbeitszeitmodelle, in denen sie bewusst mehrere intensive Arbeitstage in Kauf nehmen, um sich im Gegenzug mehr freie Tage zur Erholung oder persönlichen Entfaltung nehmen zu können. Dieses Bedürfnis nach selbstbestimmter Arbeitsgestaltung sollte ernst genommen und gesetzlich möglich gemacht werden.”
Diskutiert haben die Vertreter:innen mit der Politik auch weitere Themen, die die Veranstaltungswirtschaft momentan beschäftigen: Unter anderem ging es um den Ticketzweitmarkt, konkreter um das Problem des illegalen gewerblichen Weiterverkaufs von Eintrittskarten. Gespräche gab es auch zum Handlungsbedarf in Bezug auf das Statusfeststellungsverfahren, das nach wie vor zu Rechtsunsicherheit führt.
Das Forum Veranstaltungswirtschaft ist die Allianz sieben maßgeblicher Verbände des Wirtschaftsbereichs. Dazu zählen: der BDKV (Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft e.V.), der EVVC (Europäischer Verband der Veranstaltungs-Centren e.V.), der FAMA (Fachverband Messen und Ausstellungen e.V.), die ISDV (Interessengemeinschaft der selbständigen Dienstleisterinnen und Dienstleister in der Veranstaltungswirtschaft e.V.), der LIVEKOMM (Verband der Musikspielstätten in Deutschland e.V.), der VDVO (Verband der Veranstaltungsorganisatoren e.V.) und der VPLT (Der Verband für Medien- und Veranstaltungstechnik e.V.). Ziel der Allianz ist es, Netzwerke, Kompetenzen und Ressourcen zu bündeln, um damit und durch einen gemeinsamen Auftritt bei der politischen Lobbyarbeit noch schlagkräftiger zu sein. Der Zusammenschluss der wesentlichen Sektoren der Veranstaltungswirtschaft versteht sich ausdrücklich nicht als Dachverband. Jeder Partner vertritt die spezifischen Interessen seiner Mitglieder auch weiterhin unmittelbar. Die Schnittmengen der politischen Erwartungen der diversen Sektoren, wie der Kultur-, Kongress- und Tagungsveranstalter:innen, Veranstaltungsstätten, Veranstaltungsplaner:innen, Veranstaltungsdienstleister:innen und Schaustellerbetriebe sowie Hersteller:innen und Händler:innen von Event-Technik, sind jedoch groß und alle Teilbranchen sind eng miteinander verzahnt. Daher wird durch den Schulterschluss der Verbände die Wahrnehmung des Wirtschaftszweigs durch Politik und Öffentlichkeit erheblich erhöht. forumveranstaltungswirtschaft.org/